Die Aktion „Mutterhaus im Quartier geht weiter“ – unter diesem Motto lud die Diakonissenanstalt bereits zum zweiten Mal zum so genannten „Neujahrsempfang“ ein“. 40 Personen aus der Nachbarschaft, aus dem eigenen Haus oder mit diesem eng verbunden, machten sich nach einem inhaltlichen Impuls gemeinsam auf einen Entdeckungs-Weg in die Nachbarschaft im Stuttgarter Westen. Begleitet vom Projekt „Aufbruch Quartier“ lädt die Diakonissenanstalt ein, gemeinsam das Quartier weiter zu entwickeln und plant, im geplanten Neubau auch gut zugängliche Quartiersräume für Begegnung und Bildung einzurichten.
Bereits die kurze Vorstellung der Gäste im Rahmen der Begrüßung durch Direktor Ralf Horndasch machte deutlich, aus welch unterschiedlichen Bereichen die Eingeladenen gekommen waren: Neben Mitgliedern aus dem Bezirksbeirat Stuttgart-West waren Vertreterinnen und Vertreter aus Bildung, Vereinen, den angrenzenden Kirchengemeinden, Banken und Immobilien, Diakonischem Werk Württemberg sowie Mitarbeitende der Diakonissenanstalt und Diak Altenhilfe anwesend. Thomas Prinz, Lehrbeauftragter an der DHBW, führte mit einem Impulsvortrag in das Thema Sozialraumorientierung und Quartiersarbeit ein. Als praktisches „Handwerkszeug“ erstellte er für alle Teilnehmenden eine Karte mit Fragen, die zu einer offenen und Wahrnehmung des Quartiers unter neuen Blickwinkeln anregen sollte. Diese Fragekarte kam während des rund eineinhalbstündigen Quartiersspaziergang zum Einsatz.
Zunächst ging es auf den neu eröffneten „Diakonissenplatz“, der die Einrichtung direkt mit dem Quartier verbindet. In einem Interview erzählte Bernhard Mellert, Bezirksvorsteher von Stuttgart-West, von seinen Vorstellungen zur Quartiersarbeit. Er betonte dabei, wie wichtig für ihn Begegnungsorte dieser Art sind und führte den neu gestalteten Platz als Beispiel dafür an. Früher hatte der Platz als Fahrrad-Verkehrsübungsplatz gedient, auf dem Generationen von Kindern unterwegs waren. Heute wird der unter der Erde liegende „Kulturbunker“ von vielen Menschen und Initiativen aus dem Stadtteil genutzt.
Einen weiteren Ort, an dem sich Menschen jeden Alters treffen und begegnen können, lernte die Gruppe mit dem „Fietsen Radcafé“, das ebenfalls in der Nähe der Diakonissenanstalt liegt, kennen. Große Augen machten die Gäste des Cafés, als die große Gruppe in das Innere strömte und sich über die wohltuende Wärme freute. Trotz laufendem Betrieb nahm sich Inhaber Konstantin Berberich Zeit und stellte das Radcafé (in dem man allerdings keine Fahrräder reparieren kann) mit seinen Angeboten für die Nachbarschaft vor.
Über Silberburgstraße und Traubenstraße erreichte die Gruppe die „Blumeninsel“. Betreiber-Ehepaar Gök empfing die Quartiers-Spazierenden in ihrem Blumenladen und erzählte humorvoll von ihrer Arbeit. Dass Blumen, Kunst und Theaterspiel sich nicht ausschließen, wurde in Worten und auch in der Gestaltung des Ladens deutlich. Nach einer warmen Tasse türkischen Tees machte sich die Gruppe wieder auf den Rückweg zur Diakonissenanstalt. Unterwegs gab es manche spannende Einblicke in hell erleuchtete Schaufenster, konnte man beispielsweise Friseuren beim Arbeiten zusehen.
Zurück in den Räumen der Diakonissenanstalt stießen die Teilnehmenden auf das neue Jahr an und kamen ins Gespräch. Kontakte wurden ausgetauscht, alte Bekanntschaften aufgefrischt und Ideen der Zusammenarbeit gesponnen. Gemeinsam unterwegs zu sein und miteinander Neues zu entdecken – dies zeigte sich bestes Rezept, in einer Zeit, die von Angst, Umbrüchen und einem zunehmenden politischen Rechtsruck bestimmt ist, Verbundenheit und Vertrauen zu spüren. So wurde auch der zweite Neujahrsempfang zu einem Aufbruch für Begegnung, für Vielfalt und neue gemeinsame Quartiersideen. Text: Margarete Zeyher und Wolfram Keppler